Hibakusha – die cirka 340.000 explosionsgeschädigten Personen, die den Hiroshima oder Nagasaki Atombombenabwurf im August 1945 überlebten.
Mein Blogeintrag wird sich heute dem Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki widmen. Der Eintrag wird zum Teil sehr faktisch, zum Teil aber auch sehr emotional sein. Mit dieser Mischung wird es mir vielleicht gelingen, dass Unvorstellbare etwas vorstellbarer zu machen.
Hiroshima und Nagasaki
Im 16. Jahrhundert um eine Burg gelegen entstand Hiroshima. Als Hiroshima 1889 einen Hafen baute bedeutete dies einen großen Aufschwung für die Stadt. 1894/1895 wurde die Stadt zum militärischen Zentrum des Kaiserreiches Japan. Bis zum zweiten Weltkrieg wuchs sie zur siebtgrößten Stadt Japans mit 350.000 Einwohnern.
Nagasaki wurde im 15. Jahrhundert als eine abgelegene eher unbedeutende Hafenstadt gegründet. Ende des 16. Jahrhunderts gewann sie zunehmend an Bedeutung, da viele Importe über Nagasaki abgewickelt wurden. Aufgrund verschiedener Kriege und Probleme mit den Herrschern verlor Nagasaki wieder stark an Bedeutung, was sich erst 1868 mit einer umfassenden Modernisierung zur Meiji Zeit wieder änderte. Nagasaki wurde wirtschaftlich wieder wichtig und im Schiffbau führend. Mit 240.000 Einwohnern wuchs die Stadt bis zum zweiten Weltkrieg zu beachtlicher Größe.
Am 6. August 1945 um 8:16 Uhr und zwei Sekunden detonierte in 580 Meter Höhe die Atombombe Little Boy über Hiroshima.
Am 9. August 1945 um 11:02 Uhr detonierte in 470 Meter Höhe die Atombombe Fat Man mehrere hundert Meter vom geplanten Abwurfpunkt (einer Rüstungsfirma) über einer Wohnsiedlung.
Die Zahlen:
Die Atombombe an sich
Eine Atombombe besitzt eine solche Kraft, wie wir alle sie uns nicht vorstellen können.
Wikipedia: "Die stärkste jemals explodierte Bombe war die sowjetische Zar-Bombe. Sie wurde am 30. Oktober 1961 bei einem atmosphärischen Atombombentest gezündet und setzte eine Energie von etwa 57.000 Kilotonnen (= 57 Megatonnen) TNT-Äquivalent frei. Zum Vergleich: die Hiroshima-Bombe hatte eine Sprengkraft von 13 Kilotonnen TNT."
Wer kann ich so was noch vorstellen? Was für eine Explosion es wohl ist, wenn 57.000.000.000 (fünfundsiebzieg Milliarden) Kilogramm TNT explodieren? Und nicht nur die Explosion an sich ist so verheerend, sondern auch alles was danach passiert.
Eine kurze Nachbildung, was bei einer (heutigen) Atombombendetonation passieren würde:
- Explosion: Im Umkreis von 50km verdampft alles: Menschen, Tiere, Pflanzen, Gebäude. Hier herrschen 200.000.000°C - 300.000.000°C. Zum Vergleich: Die Oberflächentemperatur der Sonne liegt bei ca. 5.700°C, die Kerntemperatur liegt bei schlappen 15.600.000°C.
- Hinter den 50km: ein Lichtblitz am Himmel lässt die Augäpfel schmelzen und verursacht Verbrennungen 3. Grades am ganzen Körper. Häuser, Möbel, Kleidung usw. gehen sofort in Flammen auf.
- 5 Sekunden später: eine Druckwelle kommt. Vernichtet alles, was noch übrig war
- Noch weiter weg (ca. 100km): 5-7 Millisekunden nach der Explosion der grellend leuchtende Feuerball. Er ist 30 Mal heller als die Mittagssonne. Jeder der dort hineinschaut, selbst nur mit den Augenwinkeln ist sofort blind.
- Auch hier kommt nach kurzer Zeit eine Druckwelle an, jedoch nicht mehr ganz so verheerend wie um das Zentrum. Sie ist vergleichbar mit einem sehr schweren Erdbeben.
- Ein Feuersturm mit ca. 200km/h zieht über das Land. Er ist cirka 800°C heiß. Das Feuer in der Luft verbrennt jeglichen Sauerstoff. Wer nocht nicht verdampft, verbrannt oder zerrissen ist wird durch den extrem hohen Kohlenstoffdioxidgehalt in der Luft langsam bewusstlos und erstickt daraufhin.
In einem Radius von 150km um die Explosion ist das meiste menschliche Leben ausgelöscht.
Cirka eine Stunde nach der Explosion beginnt es dann zu regnen. Ein Zitat: „Nach der Explosion ging schwarzer, schmierig-öliger Regen auf Hiroshima und Nagasaki nieder. Er entstand bei der Abkühlung des Feuerballs, weil Wasser um die radioaktiven Partikel herum kondensierte. Das radioaktive Wasser blieb an der Haut und der Kleidung der Opfer kleben.“ Der so genannte schwarze Regen. Er ist hochgradig radioaktiv und verstrahlt ein Gebiet mit bis zu mehreren tausend Kilometer für 30 - 60 Jahre. Der Regen ist um ein sehr vielfaches verstrahlter, als es z.B. bei Tschernobyl der Fall war.
Warum ich das alles so ausführlich beschreibe? Weil ich damit verdeutlichen möchte, dass diese Zerstörung, welche damals cirka eine viertel Million Menschen tötete einfach unvorstellbar ist.
Ich habe hier noch einen Link, welcher einen etwas einblicken lässt in die Erinnerungen, welche die Hibakusha mit sich tragen. Die Überlebenden wurden gebeten, Bilder zu malen, über ihre Erinnerungen:
http://www.pcf.city.hiroshima.jp/peacesite/BPW/english/eng_03.html (die deutsche Übersetzung finde ich nicht so gelungen)
Eine kleine Bilderauswahl der Seite, die ich – wie ich finde – kommentarlos stehen lassen kann und mit der ich auch dieses Thema ausklingen lassen möchte.
"Many people tried to cover up their faces with their hands. This resulted in severe burns on the backs of their hands. Because of the third-degree burns, the skin peeled off in a second and hung down. The more they lowered their hands, the more they ached, so they kept them lifted, resembling the posture of a ghost."
"Morning came. Fire was still smouldering in Hiroshima. I entered the city. Many people were dead in the fire-prevention water tank, their bodies scorched black. I saw a dead woman, her standing body scorched black, holding a child in her arms and still in a running position. Utterly incredible, but this was reality."
"The city seemed to have been wrapped in fire. A small fire prevention water tank overflowed with a number of victims, all dead. Those dead on the streets were scorched black, but those dead in the water were swollen red."
Nur noch eine Anmerkung am Rande, um einen Link zum Heute zu schaffen:
Wenn man jetzt bedenkt, dass Bush gerade wieder ein neues Atomwaffenprogramm starten will und die USA keinerlei Verantwortung mit diesen Waffen zeigt, muss man sich nicht wundern, dass man manchmal etwas antiamerikanisch eingestellt ist und einen gewissen Hass gegen manche Menschen dort hegt.
Zu der Sache mit der Verantwortung (Quelle: Wikipedia):
"Unfälle mit Atomwaffen
Zwischen 1950 und 1980 wurden 32 Unfälle allein mit US-amerikanischen Atomwaffen bekannt. Vor allem in den 1950er und 1960er Jahren mussten viele Waffen bei Notlandungen von Bombern abgeworfen werden. Manche der Waffen wurden nie wieder gefunden, weil sie in den Ozeanen abgeworfen (aber nicht gezündet) wurden. Nach Schätzungen von Greenpeace gingen etwa 50 Atombomben verloren. 11 Bomben vermissen die USA offiziell. Radioaktive Verseuchung wurde nur in wenigen Fällen festgestellt."
Falls sich jemand noch näher mit der Thematik der Atombombe (also nicht Hiroshima und Nagasaki) befassen will, dem empfehle ich den Film "The War Game" von Peter Watkins aus den 60er Jahren. Er ist ein Spielfilm auf Dokumentarebene, der die realistische Detonation einer Atombombe nachstellt.
Manuel Stettner
Quellen:
Peter Watkins – The War Game (Film)
http://de.wikipedia.org/wiki/Atombombenabwurf_auf_Nagasaki
http://de.wikipedia.org/wiki/Nagasaki
http://de.wikipedia.org/wiki/Atombombenabwurf_auf_Hiroshima
http://de.wikipedia.org/wiki/Hiroshima
http://de.wikipedia.org/wiki/Hibakusha
http://www.pcf.city.hiroshima.jp/peacesite/BPW/english/eng_03.html
http://www.atomwaffena-z.info/geschichte/gesch_eins_schwarzerregen.html
http://www.abc-poessneck.de/nagasaki.html
http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/hir05-35.htm
Vor kurzem klingelte mein Wecker. Nicht das alltägliche „vor kurzem“ ist gemeint, wenn man damit „vor ein paar Minuten“ ausdrücken will. Vielmehr ist das „wichtige-Ereignis vor kurzem“ gemeint, wenn man mit „vor kurzem“ also auch mal „vor ein paar Tagen“ meinen kann. Auf jeden Fall klingelte mein Wecker. Und dann, noch im Halbschlaf, konnte ich es hören. Ein Laut, welcher an ein Quietschen erinnert. Aber mehr als das und ich musste nicht lange überlegen, wie genau sich das Geräusch anhörte: es musste ein Vogel sein und das Geräusch war ohne Zweifel das Aufziehen einer Feder.
Tagelang habe ich mir immer krampfhaft versucht vorzustellen, wie ein Vogel klingt, der eine Feder aufzieht. Seit den ersten Seiten des Mister Aufziehvogels hegte ich Ahnungslosigkeit und schließlich sogar Misstrauen der Beschreibung gegenüber, mit der Murakami uns dem Geräusch eins Vogels teilhaben lassen will, der gerade eine Feder aufzieht. Und jetzt plötzlich, viel zu früh am Morgen in Konstanz, Egg, höre ich eben dieses Geräusch mit meinen eigenen Ohren. Ja, natürlich hört es sich so an! Wie denn sonst?
Murakami kombiniert eine Feder mit einem Vogel. Und auch ohne das Buch zu Ende gelesen zu haben (es fehlen noch cirka 200 Seiten) – und man sich noch auf eine eventuelle Auflösung freut – gibt es doch so einiges nachzudenken. Zuerst einmal die Widersprüche dieser Kombination.
Ein Vogel; ein Wesen der Natur, anmutig, frei und schön anzuhören. Eine Feder; ein Werkzeug der Menschen, hässlich, sehr zweckorientiert, und ganz und gar nicht schön anzuhören.
Der Vogel gleitet sanft mit dem Wind durch den Horizont, harmonisch und scheinbar von allen Sorgen und Problemen befreit, gleitet ganz ohne Sinn und Zweck. Die Feder springt ruckartig hin und her, kurze schnelle Bewegungen, immer steht sie unter großer Spannung, nie in ihrem ursprünglichen Zustand. Und ist sie es doch mal, erfüllt sie gerade keinen Zweck. Dann ist sie Müll.
Was könnte nun einen Vogel dazu bringen, eine Feder aufzuziehen? Und wie groß müsste eine Feder sein, dass sie die Welt antreibt? Und wer hat sie gebaut?
Die Feder ist als Artefakt zu sehen. Als etwas von Menschen geschaffenes. In der Natur gibt es keine Feder, nur der Mensch ist in der Lage, dieses herzustellen. Dies ist der erste Teil der Überlegung. Dass sie die Welt antreibt. Nun, betrachtet man die Welt in den vier Dimensionen der Physik bleibt für solch eine wichtige Feder einzig und alleine Platz in der vierten Dimension, der Zeit.
Und die letzte Überlegung ist, warum der Vogel, warum ein Vogel eben diese Feder aufzieht. Vögel haben wie alle Tiere kein Bewusstsein der Vergangenheit und der Zukunft. Nur die Gegenwart nehmen sie wahr. So sind sie eben auch nicht so sehr an die Zeit gebunden, so wie es uns Menschen auferlegt ist. Doch warum zieht er sie jetzt auf? Nun, ein Tier hat lediglich einen Grund, so etwas zu tun: es ist sein Instinkt und er hat ein Motiv, eben diesen jetzt in der Gegenwart auszuleben.
Und warum aufziehen? Weil uns das an die wohl bekannteste Verwendung der Feder erinnert: weil man Uhren aufzieht. Eben die Feder derselben.
Und nun kommen wir auf die philosophische Ebene: Der Vogel, die Natur, das Neutrale, Allgegenwärtige, jenseits von Zukunft und Vergangenheit stehende nimmt sich unserer an und gibt uns die Möglichkeit, weiter in unserem Fluss der Zeit zu leben. Gibt uns die Möglichkeit, dass dieser weiter fließt. Mal schneller, mal langsamer. Immer so, wie wir es gerade brauchen; oder auch gerade nicht. Erst die Essenz der Natur gibt der Technik die Möglichkeit, zu ticken. Sich zu entfalten, auszubreiten.
Die Zeit ist manchmal wohl nicht so linear, wie wir es glauben oder gerne hätten. Mal ist sie zu schnell, mal ist sie zu langsam. Und wir, die Menschen; nein, du, nur du, du bist der einzige, der das genau so wahrnimmt. Nur für dich geht die Zeit ihren ganz bestimmten Fluss. Mal über stromschnellen, mal sich kaum bewegend. Nur für dich.
Und erst, wenn wir uns einen Moment der Ruhe gönnen, einen Moment einfach nur die Natur betrachten, die Vögel zwitschern hören und die frische Luft der Bäume einatmen, ja erst dann zieht sich unsere ganz persönliche Feder wieder auf und alles ist wieder ein bisschen mehr im Gleichgewicht. Und alles lebt wieder im Ying und im Yang und im Hier und im Jetzt.