Der offizielle Blog zum Cyberfictions 2.0 Seminar. Universität. Konstanz. Noch 2000km/2,5 Monate zum Ziel



Ausstimmung

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Letzter Tag, letzter Eintrag. Gerade habe ich mir noch mal meinen ersten Blogeintrag durchgelesen. Nun, so in etwa ist mein Bild von Japan so geblieben: Ästhetik VS Pervers. Beides habe ich mit meinen Blogeintragen näher untersucht, beides habe ich gefunden; und beides hat mir gefallen. Nach wir vor ist mein Bild von Japan am stärksten durch Filme geprägt. Gerade in letzter Zeit habe ich öfters mitten in der Nacht angefangen, mir einen japanischen Film anzuschauen. Zu empfehlen sind: Tetsuo – The iron Man, Electric Dragon 80.000 Volt, Graveyard of Honour, Audition, Dead Or Alive, Visitor Q (aber nicht für jedermann, siehe den entsprechenden Blogeintrag) und aber auch ruhige Filme wie Dolls und Chihiros Reise ins Zauberland.
Mit japanischer Musik beschäftigen; das hat wohl irgendwie nicht so geklappt, irgendwie habe ich sehr schnell das Interesse dafür verloren. Als einziger Aspekt für mich persönlich, ohne etwas darüber zu schreiben, ist für mich der Film Electric Dragon 80.000 Volt (Inhaltsangabe: Dragoneye – der als Kind einen Stromschlag mit 80000 Volt abbekam – kann seine Aggressionen nur durch das Spielen seiner E-Gitarre abbauen. So lange, bis Thunderbolt – der von einem Megablitz mit 20 Millionen Volt getroffen wurde – ihn zur Weißglut reizt und beide gegeneinander kämpfen. Das beste Zitat aus dem Film: „Ich wurde von einem Megablitz mit 20 Millionen Volt getroffen. Deine 80000 sind nichts im Vergleich dazu!“ „Wenn ich 250 MAL AUF DICH EINSCHLAGE ERGIBT DAS AUCH 20 MILLIONEN VOLT!!!!!“. Der Film ist also ein langer Kampf, mit Punkmusik unterlegt :-)

Jedoch ist im laufe meiner Recherchen ein anderer Aspekt zu Japan hinzugekommen, der mir davor nie bewusst war: der politische Aktivismus. Hierzu hat insbesondere der Blogeintrag über Yukio Mishima geführt, welcher mich sehr beeindruckt hat und mir auch eine neue Seite an Japan gezeigt hat.

Sehr genossen habe ich es, Haruki Murakami zu lesen. Ich habe seine Bücher sehr gerne gelesen, wobei mich das Hard-boiled Wonderland am meisten faszinierte. Gerne habe ich auch all die anderen Blogs gelesen, die mir häufig japanische Seiten zeigten, an die ich entweder nicht dachte, oder die mich davor nicht interessiert haben, es aber doch interessant war, etwas darüber zu lesen.


Der Umriss, meiner Vorstellung von Japan hat sich nicht groß verändert. Die Schattierungen darin, das was es ausfüllt, dahingegen schon.
Zusammenfassend hat mir das Seminar viel Spaß gemacht und ich bin der festen Meinung, etwas für mich persönlich aus dem Seminar mitgenommen zu haben.




Manuel Stettner



Der Umschwung in der japanischen Philosophie kam im 18. Jahrhundert durch die Niederländer. Diese brachten die westliche Philosophie nach Japan und diese fand dort großen Anklang. Tominga Nakamoto (1715-1746) und Miura Baien (1723-1789)waren an diesem Umschwung maßgeblich beteiligt und sind als Vorreiter zu nennen. Sie übten nicht nur eine Weiterverbreitung der westlichen Philosophie aus, sondern übten auch eine große Kritik an der japanischen Philosophie.
Später wurde dann Mori Fukuzawa Yukichi (1835-1901) zum wichtigsten Vertreter der westlichen Philosophie in Japan. Er setzte sich eine wirtschaftliche, technische sowie kulturelle Entwicklung Japan nach westlichem Vorbild zum Ziel. Er gründete 1868 die Keio-Universität, welche zur „Hochburg des Utilitarismus“ wurde. Weiter gründete er die Intellektuellengesellschaft „Meirokusha“, welche westliche Kultur und westliches Denken zum Thema hatte, politisch jedoch keine Einfluss erlangte.
Als Begründer der modernen Philosophie Japans ist Nishi Amane zusammen mit Tsuda Mamichi zu nennen. Ihr Denken wurde beeinflusst vom Positivismus Comtes, von Mills Utilitarismus, sowie auch von Kant, Hegel und Spencer. In ihren Schriften geht es hauptsächlich um Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie sowie um Ethik und sie wiesen Japan dadurch damals neue Wege.

Jedoch gibt es zu dieser Bewegung auch eine radikale Gegenbewegung. Die Überbetonung westlichen Denkens führte manche Philosophen (z.B. Nishimura Shigeku (1828-1902)) zu dem Entschluss, den Konfuzianismus wieder zu beleben.

Als Schlichter in diesem Streit kann die Idee von Onishi Hajime (1864-1900) bezeichnet werden, diese erachte ich auch in Zusammenhang mit unserem Seminar für sehr interessant. Er ist der Meinung, dass die Philosophie nur der Wahrheit diene. So ist also die Frage nach Ost und West – auch für die Ethik – irrelevant, einzig die Wahrheit zu zeigen gilt es.

Als philosophische Gegenbewegung des neuzeitlichen Militarismus sind noch die Sozialisten zu nennen. Sie waren gegen den totalitären Imperialismus, den autoritären Nationalismus und den aggressiven Militarismus.

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ist durch Kant, durch den Kantianismus sowie den Neukantianismus geprägt (wichtige Vertreter: Tanaka Odo (1867-1932), Kuwaki Genyoku (1874-1946), Tomonaga Sanjuro (1871-1951) sowie Abe Yoshishige (1883-1966)). In den 20er Jahren bezieht die japanische Philosophiegeschichte erstmals alle Epochen mit ein.

Der nächste nach Hajime, der die westliche mit der fernöstlichen Philosophie verbindet ist Nishida Kitaro (1870-1945). Er entwarf eine eigene Schule, in der es ihm gelang, dass die japanische Philosophie die westliche nicht nur rezipiert, sondern selbst weiterführt und sich damit in die Weltphilosophie eingliedert. Der zentrale Begriff in seiner Schule ist das „Nichts“. Hierbei ist deutlich die Nähe zum Zen zu erkennen, aber auch die Einflüsse von Bergson, Dilthey, Hegel sowie Husserl.

Heutzutage sind fast alle philosophischen Strömungen auch in Japan zu finden. An dieser Stelle eine Liste, mit dem wichtigsten japanischen Vertretern sowie der zugrunde liegenden Theorie:
Existenzialismus (Kitaros) (sehr wichtig für Japan)
Marxismus (Kazuto)
Pragmatismus (Ikutaro)
Religionsphilsophie (Hajime)
Sozialphilosophie (Hajime, Kazuo, Masao)
Philosophie der Technik (Hiroto)

Wie in dem und-immer-auf-der-suche-Blog schon geschrieben, haben die Japaner auch dieses Mal wieder eine besondere Zuneigung zu Deutschland. Die deutschen Philosophen haben in Japan den größten Einfluss, im Mittelpunkt stehen Scheler, Hartmann, Hegel, Japsers und Heidegger.

Eine Besonderheit der japanischen Philosophie bleibt noch zu nennen: sie sind stärker als die anderen Länder daran interessiert, weltweite Kommunikation zu praktizieren, besonders in der Ost-West Richtung und sind so vielleicht am stärksten an einer „Weltphilosophie“ interessiert. Am besten gelang dies bereits in der Philosophie der Religionswissenschaften von Nakamura Hajime und Kawada Kumatero.





Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Japanische_Philosophie
Der Brockhaus: Philosophie – Ideen, Denker und Begriffe, Mannheim 2004


Business in Japan

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Das Semester ist nun (fast) am Ende angelangt. Endlich hat man wieder die Zeit, uniunabhängig Bücher zu lesen. So stand ich heute vor meinen Bücherregalen, mit den Augen schweifend, welches der angesammelten Büchern ich in der nächsten Zeit lesen werde. Und die Entscheidung viel mir dann auch nicht schwer, als ich auf DAS Buch stieß:
Stilvoll zum Erfolg – Der moderne Business-Knigge von Elisabeth Bonneau (Verlag: Hoffmann und Campe, 2004, Hamburg). Ein knapp 400 Seiten dickes Buch, welches man sich gar nicht oft genug durchlesen kann. Welche Krawatte zu welchem Hemd? Wie isst man einen Krabbencocktail mit Stil und Anstand? Wie spricht man eine Baronin an? Wie läuft man neben einer Geschäftspartnerin: Rechts oder Links von ihr, vor oder hinter ihr auf der Treppe?
Alles in allem existentiell wichtige Dinge, die man, die jeder einfach beherrschen sollte (ich weiß, dass es wie Ironie wirkt, ich vertrete aber tatsächlich vollen Ernstes diese Meinung). Als ich gerade dabei war, mir die formale, schriftliche und mündliche Anrede von Politikern durchzulesen, erinnerte ich mich daran, dass es in dem Buch ein Kapitel gab, welches ich noch nie gelesen hatte: „Kein bloßes Schlagwort: Andere Länder, andere Sitten“. Also schnell nachgeschaut und: natürlich reiht sich auch Japan in die Reihe nebst USA, Lateinamerika und China ein. Die USA wird mit dem Spruch „Leichter Ton vor ernstem Business“ eingeführt, China mit „Manager zwischen Yin und Yang“ und Japan; Japan wird eingeführt mit:

„Der Nagel wird solange eingeschlagen, bis er im Brett verschwindet oder abbricht“

Oooookey… Ist klar, was auch sonst. Der Nagel, dass sind wir. Das Brett ist Japan. Nein, natürlich nicht. Frau Bonneau erklärt den Satz mit „[…] sagt der Volksmund im Land der aufgehenden Sonne: Wer sich nicht anpasst, wird verstoßen“. Ein weiterer interessanter Satz: „Wo wenig Lebensraum ist, bleibt wenig Freiraum für Alleingänge, wenig Spielraum für Versuch und Irrtum.“ Ok, dass passt ja ganz gut zu der Kollektivvorstellung die wir über Japan haben, wie auch in der vorletzten Cyberfictionsitzung erwähnt wurde.
Bonneau gibt als zweite Leitregel:

„Gesicht und Gruppe“

„Das Gesicht wahren und wahren lassen, ein würdiges Mitglied einer Gruppe sein – das ist in Japan das A und O.“ Das wiederum erinnert mich an meinen Yakuzzaeintrag, in welchem es eben auch um die Gruppe und um das Gesicht wahren ging. Ist das jetzt von der Frau Bonneau schlecht recherchiert, oder ist die Yakuzza ein Abbild der japanischen Geschäftswelt?

Hier nun folgend, eine Zusammenfassung der Tipps, die Frau Bonneau für den japanreisenden Geschäftsmann ans Herz legt:

- „Sprechen Sie langsam, gut artikuliert, in kurzen Sätzen und ohne Metaphern, denn die Japaner denken in anderen Bildern als wir.“
- auffallendes Labeldenken. Nur in guten Hotels nächtigen, nur die besten Marken anziehen
- „Nein“ gibt es in Japan fast nicht zu hören. Stattdessen: lautes Einziehen von Luft durch die Zähne
- Kein Eigenlob!
- Viel Geduld für alles, denn: Zeit ist Macht!
- Interesse statt Kritik, ergänzende Aspekte statt Widerspruch
- Immer mit Dankesworten verabschieden, egal wie schlecht das Gespräch war!
- Körpersprache ist sehr wichtig. Also bitte vermeiden: Fremde anlächeln, kontinuierlicher Blickkontakt, kerniger Händedruck, lautes Lachen, Berührungen in der Öffentlichkeit, übertreten von Distanzzonen. Gut dagegen: gerade sitzen, als Frau beim Lachen den Mund verdecken, Gestik reduzieren
- Als Mann: dunkler Anzug, helles einfarbiges Hemd, Loafers (lassen sich vor dem Essen auf Tatmi-Matten gut abstreifen)
- Als Frau: Kleid oder Kostüm mit Rock statt Hose (Rutschgefahr beim Sitzen auf dem Boden bedenken), Vermeiden: grelle Farben, auffällige Muster, extravaganter Schmuck. Und NICHT unaufgefordert einen Kimono tragen.
- Männer zählen in der japanischen Geschäftswelt mehr als Frauen (gilt für Einheimische)
- Als Fremder ist man in erster Linie fremd. Erst in zweiter Linie Mann oder Frau
- Niemals versuchen, japanische Anredeformen zu kopieren. Immer bei Mister und Misses bleiben. Ausnahme: wird man selbst mit dem Anhängsel „-san“ angsprochen, übernimmt man die Anrede für den Gegenüber
- Visitenkarten (meishi) im Idealfall zweisprachig
- Visitenkarte an alle Anwesenden aushändigen (außer sehr starke hierarchische Gefälle)
- Visitenkarte zweihändig an den oberen Enden dem Gegenüber reichen
- Visitenkarte zweihändig annehmen und über den eigenen aufbewahren
- Visitenkarte Gestik: Lächeln, kurzer Blickkontakt, nicken, das war’s
- Nach dem harmonischen (!) Smalltalk den Gegenüber zur Sache kommen lassen


So, ich hoffe jeder von euch, der irgendwann mal Geschäfte in Japan machen wird, erinnert sich an diesen Beitrag mit den praktischen Tipps. Für mich ist dieser Beitrag auch wichtig, da ich – von meinem späteren beruflichen Erfolg absolut überzeugt – sicher bin, eines Tages auf das Wissen (zumindest in meinem Unterbewusstsein vorhanden) zugreifen werden kann / muss.



Warum bin ich da nicht schon früher drauf gekommen? Schon in meinem ersten Eintrag schrieb ich, dass mich die Ästhetik an Japan fasziniert. Da ich im Nebenfach Philosophie studiere (siehe den Beitrag über die Unendlichkeit), interessiert mich eben diese natürlich auch.
Nun hat es doch tatsächlich 10 Wochen gedauert, bis ich im Brockhaus Philosophie auf den Eintrag über japanische Philosophie stieß!
Also geht es heute um

Japanische Philosophie
- eine Philosophie der Ästhetik

Zuerst einmal heißt Philosophie (griechisch: Liebe zur Weisheit) in Japan natürlich nicht Philosophie sondern Tetsugaku, was übersetzt Wissenschaft der Weisheit heißt. Die japanische Philosophie kann man in drei Teile gliedern: den Konfuzianismus, die Zenphilosophie und die neuzeitliche Philosophie.

Konfuzianismus
Im 4. Jahrhundert brachten die Chinesen den Konfuzianismus nach Japan, wo er das Denken der Japaner bis über die Meijizeit hinaus prägte. Im 13. Jahrhundert wurde von Zenmönchen der so genannte Neokonfuzianismus eingeführt, welcher im Grunde eine Mischung des klassischen Konfuzianismus und des Shinto ist.
In dieser Lehre geht es zum einen um die
Gorin, die „fünf menschlichen Beziehungen“: Verhältnis von
den Kindern zu den Eltern /
des Mannes zur Frau /
der Untertanen zum Herrscher /
der jüngeren Geschwister zu den Älteren /
des Freundes zum Freund

zum anderen um die
Gojo, die „fünf Grundtugenden“:
Mitmenschlichkeit /
Rechtlichkeit /
Sitte /
Wissen /
Rechtschaffenheit

Der Neokonfuzianismus vertritt die Vorstellung eines einheitlichen Weltbildes. An dieser Stelle tauchen jetzt viele Begriffe auf, die wir eher China zusprechen würden: Alles Sein besteht zum einen aus einem alles Ordnenden Prinzip: „Ri“ und zum anderen aus der Materie-Energie: „Qi“. Das Qi verkörpert alle Materie, so dass Qi dann noch mal in die Pole Ruhe (In, äquivalent im Chinesischen: Ying) und Bewegung (Yo, äquivalent im Chinesischen: Yang). Wenn In und Yo in Bewegung sind, entstehen aus ihnen die fünf Elemente: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser.


Zenphilosophie
Die Zenphilosophie gestaltete sich als Gegenbewegung zum Konfuzianismus. In der Zenphilosophie legt man besonderen Wert auf das eigenständige Japanische gelegt. Der Zenbuddhismus, welcher in der Narazeit (710-784) entstand, beschäftigt sich in erster Linie mit metaphysischen Fragen, aber auch mit Untersuchungen zur Erkenntnistheorie, Ethik und Psychologie. Der Hauptbegriff dieser Lehre ist das Zen: die universale Leere. Im Laufe der Jahrhunderte (besonders im 19. Jahrhundert), rückte immer mehr die Rückkehr zum Alten in den Vordergrund: der Shinto sollte wieder in den Vordergrund gerückt werden.




Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Japanische_Philosophie
Der Brockhaus: Philosophie – Ideen, Denker und Begriffe, Mannheim 2004



„Hast du’s schon mal mit deinem Vater getrieben?“

„Hast du schon mal eines über den Schädel bekommen?“

„Hast du schon mal deine Mutter geschlagen?“


„Du willst die Wahrheit über Japans Jugend erfahren?
Sie verkörpert die Zukunft Japans.
Jene Hoffnungslose Zukunft.“


„Eingerahmt in Blut, Muttermilch und Exkrementen schwelgt Regisseur Takashi Miike hemmungslos in einer sozialen Apokalypse, die sich bei genauer Betrachtung als Ansammlung realer Zustände entpuppt.“ (Rückseite DVD Visitor Q, Rapid Eye Movies Vertrieb)



Habt ihr schon von dem neuen Film von Hans-Christian Schmidt gehört? Ja, lief letzte Woche in den Kinos an. Ja, irgend so ne strange Story. Geht irgendwie um nen Vater, der seine Tochter für Sex bezahlt. Na ja, die arbeitet eh schon als Prostituierte. Und die Mutter wird ständig von dem Sohn heftigst verprügelt. Weil der halt auch immer in der Schule verprügelt wird. Und das die Mutter das dann aushält spritzt sie sich Heroin. Und um das bezahlen zu können arbeitet sie in nem Bordell. Na ja und irgendwie bringt der Vater dann so ne Frau um und schläft dann (!) mit ihr. Nekrophil und so. Puh und dann ist da halt noch irgend so n Fremder… Keiner weiß, wer er ist, was er bei der Familie zu suchen hat, aber er läuft da halt so rum und schlägt gelegentlich ein Familienmitglied mit nem Stein KO. Und schaffts irgendwie, dass die Mutter wieder Milch gibt. Und dass ist dann der Punkt, der die ganze Familie wieder zusammenführt. Irgendwie so halt. Puh.


Spätestens nach der Hälfte dürfte jedem klar sein, dass es sich hierbei um ein Gedankenexperiment handelt. Absolut undenkbar, dass ein in Deutschland erfolgreicher und bekannter Regisseur so etwas Abartiges drehen würde.
Nicht so in Japan: der geniale – auch Mainstream – Regisseur Takashi Miike drehte eben genau den oben beschriebenen Film: Visitor Q. In Deutschland über den Rapid Eye Movie Vertrieb erhältlich, in Japanisch mit deutschem Untertitel, nach Zuschicken einer Kopie des Ausweises welche bestätigt, dass man selbst Volljährig ist, für 20 Euro. Gewagt, aber ich habe es mich getraut. Mehrere Monate staubte die DVD in meinem Regal so vor sich hin, bis ich dann durch sehr viel Zufall in einem Videoforum auf…… Jörg Buttgereit stieß. Mal wieder. Also habe ich natürlich mal den Thread durchgelesen und freute mich, dass in Zusammenhang mit Nekromantik I und II auch der Film Visitor Q viel. In diesem Moment beschloss ich, ihn mir demnächst anzuschauen. Demnächst war heute Nacht. Von 2 – 4 Uhr. Am Laptop, mit Kopfhörer.

Den Film in „Guter Film“ oder „Schlechter Film“ einzuordnen ist ganz und gar sinnlos, solche Kategorien sind hierbei längst aufgehoben.

Zurück zu den Zitaten ganz oben:
Um was geht es in Visitor Q? Ich meine nicht den Inhalt, wie ich ihn oben schon beschrieben habe, sondern die Ebene der Interpretation.
Nun, der Film muss irgendetwas mit der Jugend Japans zu tun haben. Und mit Eindringlingen, die wie Besucher behandelt werden. Und die dann alles zerstören. Um dann alles wieder schön zu machen. Und die gelegentlich mit Steinen auf die eigentlichen Bewohner des Hauses einschlagen.
Also die Jugend kommt eigentlich nicht so gut weg. Sie ist sehr aggressiv und sehr gefährlich. Gefangen, in einem Prostitutionssumpf und gegen die Eltern gerichtet. Allerdings kommen die Eltern auch nicht besser weg, was wahrscheinlich daran liegt, dass sie auch mal jung waren. Die Jugend wird äußerst negativ dargestellt, es wird nur ein einziger vertretbarer, annehmbarer Zustand gezeigt: in der Schlussszene, wo die Mutter ihre zwei Kinder (den Sohn, knapp 20, die Tochter, knapp über 20)… Tjah, äh, ich schreibs dann mal frei raus: stillt. Umwickelt von blauen Mülltüten, in welche die einzelnen Glieder der Opfer von Papa eingefüllt werden sollen. Eine sehr harmonische, ruhige Szene und die einzige Szene, in der Filmmusik gespielt wird. In dem Song geht es um das Meer und um die süßen Blässchen auf den Wellen.
Den zweiten Aspekt halte ich auch insbesondere für den Cyberfiction Kurs für sehr wichtig. Der unbekannte Besucher, der kommt und dann einfach alles ändert. Visitor Q heißt der Film doch das Q kam nirgends im Film vor. Q ist der wohl am seltensten benutzte Buchstabe im Alphabet. Allerdings gelingt es mir nicht, kluge Gedanken aus diesem Q zu ziehen. Wenn man mal ganz gewagt interpretieren möchte, könnte man das Q als eine Brust von oben sehen, aus der gerade Milch spritzt. Vielleicht ist 4:25 Uhr aber auch nicht die richtige Uhrzeit um sich solche Sachen zu überlegen und ich bin gerade sehr vorbelastet durch den Film. Doch der Aspekt des Eindringlings, der wie ein Besucher behandelt wird und vieles ändert und schließlich die Familie auch wieder in den Ursprungszustand zurückversetzt (durch seine Brustmassage bei der Mutter kam zum ersten mal wieder Milch), ist nicht ganz so unmöglich zu interpretieren. Vielleicht geht es bei diesem tatsächlich um Eindringlinge Japans. Jeder, der sich auf ihre Insel geschleust hat und dort mit lieblichster Gastfreundschaft empfangen wurde – weil sich das nun mal so gehört – könnte ein Visitor Q sein. Denn – wenn mich nicht alles täuscht – herrschte in Japan vor 2500 Jahren noch Steinzeit (!). Erst durch Kommunikation mit China und später natürlich auch Europa und Amerika konnte sich Japan so modern entwickeln wie dies der Fall war. Und so ist Japan vielleicht sogar froh, über die Eindringlinge. Denn auch, wenn die ne Menge kaputt machen… Irgendwie hat das Japan doch alles was gebracht.

Mit dieser vorläufigen Interpretation muss ich mich wohl vorerst zufrieden geben, sollte mir noch etwas interessantes dazu einfallen, werde ich dies natürlich sofort posten.






Ach ja, falls jemand auf die Idee kommt: Den Film verleihe ich nur nach einem psychologischen Attest, welches die innere Stabilität bestätigt. Weil sonst ist der Film eher weniger zu empfehlen.


Yukio Mishima

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Yukio Mishima

* 14.01.1925 † 25.11.1970.


Am 25. November 1970 stürmte Yukio Mishima zusammen mit vier Anhängern seiner Privatarmee „Schildwache“ die Militärbasis Ichigaya. Sie nahmen dort den Befehlshaber der japanischen Armee Mashita als Geisel gefangen. Mishima forderte daraufhin in einer Rede auf dem Vordach des Gebäudes, übertönt von den vielen Pressehubschraubern, die Wiederherstellung der Macht des Tenno sowie die Entkapitalisierung Japans.

Was an Fight Club erinnert ist aber keine Fiktion, sondern völliger Ernst.

Yukio Mishima. Ein Leben in vier Kapiteln.

beauty

„Beauty is now my enemy”
Diese Erkenntnis folgert der stotternde Mönch, nachdem er – schon zigfach durch die Schönheit besiegt – es schafft, ein Mädchen zu verführen, aber vor der Schönheit ihres nackten Körpers erstarrt.
Also muss, um weiterleben zu können, die Schönheit zerstört werden. Der junge Mönch freut sich gar auf die US-Bomber, welche kommen um das Land zu zerstören. „I’ll make headlines“ ist das letzte Statement des Mönchs, bevor er den Tempel niederbrennt.
[Yukio Mishima: Der Tempel der Morgenröte]



art

Um die Schönheit zu besiegen gibt es nur eine Möglichkeit: sie in die Kunst zu bannen und zu konservieren.

„Ich begann zu spüren, dass Schmerz sich möglicherweise als einziger Beweis des Fortbestehens von Bewusstsein innerhalb des Fleisches herausstellen könnte, als einziger körperlicher Ausdruck von Bewusstsein: Ebenso wie mein Körper sich Muskulatur und Kraft aneignete, entwickelte sich allmählich eine Neigung, Schmerz positiv hinzunehmen, und mein Interesse am physischen Leid vertiefte sich.“
[Yukio Mishima: Sonne und Stahl (autobiografischer Essay)]

In den Schwulenclubs der 50er Jahre erfährt Mishima Ablehnung und Kritik an seinem schwächlichen Körper, worauf er das Bodybuilding anfängt. Mishima beginnt damit – und hört bis zu seinem Tode damit auch nicht mehr auf – eine „Feier des Körpers“.

„If you believe in the beauty of the body you must kill yourself before decaying.”
(Der Schauspieler Osamu)
„For the first time I feel like I existe.” (Osamu, dem von seiner Geliebten Kyoko die Idee des Liebestodes und die Vollkommenheit seiner Haut unterstrichen wird, indem sie ihn mit einem Rasiermesser schneidet und das Blut schmeckt.)
[Yukio Mishima: Kyokos Haus]

„Als Hosoe den Schriftsteller in seinem Rokokohaus aufsuchte, fand er ihn beim Sonnenbaden. Hosoe platzierte ihn auf einem im Marmorboden eingelegten Kreis mit Sternzeichen und umwickelte ihn mit einem Gartenschlauch, als sei er ganz gefangen in seiner eigenen masochistischen Welt.“
[Mark Holborn über die Zusammenarbeit von Eikoh Hosoe mit Yukio Mishima]

„Men wear masks to make themselves beautiful. But unlike the woman’s a man’s determination to become beautiful is always a desire for death” (Mishima in der Märtyrerpose als Heiliger Sebastian auf Guido Renis Gemälde, der von Pfeilen durchbohrt eine letzte transgressive Ekstase erlebt)


Die Kunst ist nicht mehr genug, ihr muss die Tat folgen, und diese Tat ist eng mit dem Tod verknüpft.


action

Die fünf Männer singen die Hymne der Schildwache. Diese nannte Mishima selbst die shield society und kürzte sich dementsprechend mit S.S. ab; ungeachtet der problematischen Vergangenheit dieses Kürzels.

Hier stehen wir jungen Krieger,
Hier stehen wir in voller Rüstung.
Yamatos reiner Geist
Ist die Waffe, die wir tragen.
Auf unseren Schwertern aus gehärtetem Stahl
Schimmert das Blau des Himmels.


Mishimas Denken ist gegen Ende immer mehr dem des französischen transgressions-Philosophen George Bataille.

„Nur der Tod und das Verlangen haben beklemmende, atemberaubende Kraft. Nur die Maßlosigkeit des Verlangens und des Todes ermöglicht, die Wahrheit zu erreichen.“ [George Bataille: Das Unmögliche]

In dem Buch „Runaway Horses / Unter dem Sturmgott“ (1969) von Yukio Mishima, welches Teil der Tetralogie „Das Meer der Fruchtbarkeit“ ist, geht es um einige junge Offiziere, die einen Militärputsch planen, um dem Kaiser die ursprüngliche Macht zurückzugeben.
Hier wird klar, dass die histoire in Mishimas Bücher immer mehr zur Tat (action) wird. Allgemein ist die Verwobenheit von Realität und Fiktion außerordentlich stark.

Japan will be purified.“
„Our best weapon is purity.“
(Der Protagonist Isao im Film “Patriotismus/Rite of love and death” von Yukio Mishima)

Japan muss gereinigt werden. Deswegen muss der Kaiser wieder an die Macht kommen und deswegen muss Japan von allem kulturell Fremden gereinigt werden. Auch von uns also.
Mishima erhält das seltene Privileg, ein Katana in der Öffentlichkeit zu tragen, da er und seine Privatarmee dafür einstehen, den Kaiser zu schützen.


Ein letzter Schritt ist noch notwendig, um selbst Pur zu werden, um sich endgültig zu inszenieren: der eigene Tod.

harmony of pen and sword

„Der Strom der Tat gibt mir die Tränen, das Blut, den Schweiß, die ich im Strom des Schreibens einfach nicht finden kann. In diesem neue Fluß habe ich Begegnungen von Seele zu Seele, ohne mich um Worte kümmern zu müssen. Er ist auch der zerstörerischste aller Ströme, und ich kann sehr gut verstehen, warum nur wenige Menschen seine Nähe suchen. Dieser Strom kennt keine Großzügigkeit, kennt keine Gnade für den Bauern; er bringt weder Wohlstand noch Frieden, er gewährt keine Rast. Ich möchte nur eines sagen: Als Mann geboren und als Mann lebend, kann ich der Versuchung nicht wiederstehen, diesem Strom zu folgen.“ [Die von Mishima formulierten Ziele im Katalog zur Tobu-Ausstellung]


Mishima und vier Anhänger seine Privatarmee stürmen am 25.11.1970 die östliche Militärbasis Ichigaya. Sie nehmen den Befehlshaber der japanischen Armee Mashita zur Geisel. Mishima hält auf dem Vordach des Gebäudes eine Rede, in der er zur Machtwiederherstellung des Tenno und zur Entkapitalisierung, zur Reinigung Japans aufruft. Seine Rede wird von den herbeigerufenen Pressehubschraubern übertönt.
Dass dieses Vorhaben aussichtslos ist weiß Yukio Mishima. Doch es ist der notwendige letzte Schritt.


Nach seiner Rede begeht Yukio Mishima und sein 24-jähriger Geliebter Masakatsu Morita hara-kiri, den traditionellen Samurai-Selbstmord.
Und dies ist der notwendige letzte Schritt. Hiermit wurde Yukio Mishima zu einem Märtyrer der „ewigen Schönheit“. Ein letzter, ästhetischer Schritt. Er ereichte mit dieses Aktion, was Worte nicht hätten vollbringen können.


„Der Tod zu zweien ist kein Tod mehr, selbst nicht für die Glaublosen“ [„Der Magnolienkaiser“ von Hans Eppendorfer]



Mishima gelang es durch diesen letzten Schritt, selbst zu einer seiner Roman- und Filmfiguren zu werden. Und schloss damit den Kreis aus Fiktion und Wirklichkeit. Er selbst wurde zur Fiktion und all seine Romane und Filme wurden Wirklichkeit.


Und was „ist“ dieser Blogeintrag jetzt?
Ein wilder Cross-Over aus Yukio Mishimas Leben, seinen Büchern, seinem Film, aus Werken welche Mishima inspirierten oder welche von ihm inspiriert werden sowie (am stärksten vertreten) dem neusten Film über ihn: „Mishima. A life in four chapters“ von Paul Schrader



Zusätzliche Quellen:
Magazin Ikonen, Ausgabe Frühjahr 2003, Seiten 4-9
http://de.wikipedia.org/wiki/Mishima_Yukio
Bild 1: http://fabien.osmont.free.fr/mishima/biograph.htm
Bild 2: http://www.leonardschrader.com/film/mishima.shtm


H-bWudEdW

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So, gerade eben habe ich Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt zu Ende gelesen. Und eine Menge Sachen gehen mir durch den Kopf.

Trauer und Melancholie
Laut Herr Kümmel das Leitmotiv (eines der Leitmotive) des Buches. Lange Zeit konnte ich die Aussage nicht so ganz nachvollziehen, bis ich schließlich (gerade eben) zum letzten Kapitel gelangte. Mit der Entscheidung des Protagonisten kann man ja fast nicht einverstanden sein und so fällt es auch leicht, diese Entscheidung auf eben diese Melancholie zu beziehen. Auch all die anderen von Freud beschriebenen Eigenschaften lassen sich plötzlich überall finden.
Doch was fehlt, um das ganze noch etwas nachvollziehbarer zu machen sind Motive! Gründe, warum er (der Protagonist) in diese Melancholie fällt. Gut, seine Frau hat ihn plötzlich verlassen (das kennt man ja schon aus einigen Murakami Büchern), aber das kann ja doch nicht alles sein. So ganz durchleuchtbar scheint mir der Charakter – auch wenn wir ihn von außen sowie von innen kennen lernen – noch nicht zu sein. Wir erfahren Wirkungen, doch fehlt uns die Ursache dazu.

Und eben dieses fiel mir nun schon bei einigen Murakami-Büchern auf: ohne ausführlichem Anfang und ohne explizites Ende folgen wir einem Protagonisten. Mit Sicherheit teilen wir mit ihm im Laufe des Buches eine Wandlung, einen Bruch oder zumindest einen Höhepunkt seines Lebens. Doch immer ist der Anfang und das Ende bei Murakami ein Übergang: einmal dezent gemütlich in die Welt des Charakters und dann meist etwas schneller der Übergang wieder hinaus aus dieser Welt. Das Ein- und Ausleben fällt nicht schwer, doch trotzdem sitzt man jedes Mal mit gerunzelter Stirn und offenem Mund vor dem Buch und bleibt in dem Murakami-Universum noch für einige Zeit verloren umhertreibend und macht sich Gedanken zu dem gelesenen. Und die Gedanken drehen ihre Kreise, nur, um festzustellen, dass man das Zentrum einfach nicht erreicht; vielleicht auch, weil man das ja gar nicht möchte.


- Und was bitte schön ist eine Elefantenfabrik???

- Vielleicht ist es „Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt“?


Unendlichkeit im Denken
Ich verweise auf: Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt, 2006, Köln, Hard-Cover Ausgabe. Seite 349.
„Wie lange wird diese Welt andauern?“
„Ewig“, sagte der Professor.

[…]

[„]Das Denken kennt keine Zeit. Das ist der Unterschied zwischen Denken und Träumen. Das Denken kann alles im Augenblick erfassen. Es kann auch Ewigkeit erfahren. Es kann einen geschlossenen Kreislauf einrichten und sich darin in Unendlichkeit wiederholen. Anders als ein Traum kann es nicht unterbrochen werden.[“]


Diesen Abschnitt fand ich sehr interessant und so habe ich mich daran versucht, ihn nicht nur zu lesen und als wahr hinzunehmen, sondern ich wollte den Gedanken selbst denken.

Zuerst ein paar Worte zur Logik in der Philosophie.

Ich möchte als erstes zwei Aussagetypen vorstellen:

Als erstes eine analytische Aussage a priori.

Beispiel: „Es regnet oder es regnet nicht.“

Dies ist ein deduktives Argument, d.h. es ist nicht erkenntniserweiternd dafür aber wahrheitserhaltend.

Diese Aussage ist wahr und es wird niemandem gelingen, es wird gar niemand auf die Idee kommen, die Wahrheit dieser Aussage in Frage zu stellen.

Analytische Aussagen a priori sind Aussagen, die rein im Geiste erschlossen werden können. Wissen über die Welt ist hierbei nicht nötig.


Nun der zweite Aussagetyp: die synthetische Aussage a posteriori.

Beispiel: „Wenn es regnet wird die Straße nass.“

Dies ist ein induktives Argument, d.h. es ist erkenntniserweiternd aber nicht wahrheitserhaltend.

Diese Aussage könnte man schon eher widerlegen.

Synthetische Aussagen a posteriori sind Aussagen, für welche Weltkenntnis erforderlich ist. Also ohne beobachtet zu haben, dass eine Straße vom Regen nass wird, kann ich diese Aussage nicht machen.


Und jetzt kommen wir zu dem tatsächlich relevanten, interessanten Teil.

Kant behauptete schließlich es gäbe:

Synthetische Aussagen a priori!!!

Also eine Aussage, welche ich rein im Geiste erschließen kann, welche aber erkenntniserweiternd für mich ist. Und als übliches Beispiel wird hierbei genannt:

Die Zeit.


Nun schließt sich der Kreis und die kleine Einführung in philosophische Logik ergibt Sinn. Wenn Kant Recht hat und es synthetische Aussagen a priori gibt, dann hat der Professor unrecht, denn dieser Behauptet ja schon im ersten zitierten Satz „das Denken kennt keine Zeit“. Doch das ist falsch, denn nur das Denken kennt Zeit; wer denn sonst?

Nun wollen wir noch kurz den folgenden Satz betrachten: „Es kann einen geschlossenen Kreislauf einrichten und sich darin in Unendlichkeit wiederholen.“ Zunächst einmal: ein geschlossener Kreislauf ist bereits die Unendlichkeit, so ist es auch unnötig, sich in der Unendlichkeit die Unendlichkeit wiederzuholen. Unendlichkeit ist Unendlichkeit, da gibt’s kein größer und kein kleiner (wenn man mal von dem Unendlichkeitsparadox in der Mengenlehre absieht). Die nächste Frage ist die eines geschlossenen Kreislaufs. Uns wird ja des Öfteren im Buch versichert, dass es keine Perpetuum Mobile geben kann (z.B. Seite 413). Doch eben dieses wäre ein geschlossener Kreislauf. Ein geschlossener Kreislauf fällt mir spontan nur in der Informationstechnologie beim Programmieren ein:

10: goto 20

20: goto 10

Dies würde zu einem simplen Aufhängen des Programms führen. Und Fälle von Menschen, bei denen sich der Verstand aufgehängt hat, wären mir nicht bekannt. So ist die Ansicht des Professors wohl leider nur Hoffnungsmacherei und ich möchte diesen Abschnitt mit einem Songzitat von meiner Lieblingsband beenden: Am Ende des 11:16 Minuten dauernden Stücks „Im Embryovernichtungslager – Letztlich bleibt uns nur die Hölle“ als Vorletztes Lied des Konzeptalbums „Tineoidea“ der Band „Samsas Traum“ singt „Der Chor der toten Namen“:

„Und an des Endes Anfang
Schwebt fernab von Zeit und Raum

Zwischen Licht und Dunkelheit

Erneut ein allerletzter Traum.

Der die Zeit zum nächsten Ende wiegt,

Die Leere füllt, die Angst besiegt

Und aus verlor'ner Zauberkraft

Sich immer wieder selbst erschafft.“


Und das ist jetzt Japan?
Jetzt habe ich geschrieben und geschrieben und geschrieben, mir alle möglichen Gedanken zu Hard-Boiled Wonderland … gemacht und überfliege noch mal all das geschriebene und frage mich…
Was hat das alles jetzt eigentlich noch mit Japan zu tun???

Ich habe mir brav Gedanken gemacht zu den verschiedenen Aspekten im Buch und einzelne Zitate ausgegriffen und philosophisch betrachtet, aber… Irgendwie habe ich dabei Japan ganz und gar aus den Augen verloren.
Doch Moment! Was lese ich da, wenn man mich nur ein bisschen weiter runter scrollt? Hyperrealität? Fraktaler Kosmos? Keine Ganzheit? Jaaaa, dass ist die Rettung, so gibt das ganze dann doch noch einen Sinn. Einen Hypersinn oder noch besser: einen Metasinn.


Hyperrealität

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Nach längerer, kreativer Pause habe ich nun endlich wieder etwas gefunden, über was es sich zu schreiben lohnt. Und dies alles basiert auf einem absolut unjapanischen Wort:

Hyperrealität

Dieses Wort kommt eigentlich aus der Filmwissenschaft und daher möchte ich es auch zunächst einmal auf dieser filmischen Ebene beschreiben:

In der Hyperrealität existiert kein Newton’scher Kosmos mehr, vielmehr befinden wir uns in einem fraktalen Kosmos. In der Hyperrealität verliert man jegliche Ganzheit, was dazu führt, dass man versucht, alle Details zu begreifen. Erkennbar ist das zum Beispiel daran, dass wenn die Kamera von einer Detailaufnahme in die Totale wechselt, uns eben dieses Bild noch mehr verstört, statt Ordnung stiftet, wie sie es in der normalen Realität tun würde.

Einzig ein ordnendes Element existiert, und das ist eben nicht der Zusammenhang, sondern die Selbstähnlichkeit der Systeme.

Ich denke, der Zusammenhang zu meiner persönlichen Suche nach Japan liegt auf der Hand.

Relativ schnell stellt man fest, dass man nie „das Japan“ finden kann. Entweder weil man kein Japaner ist, oder weil es gar nicht „das Japan“ gibt. Auf jeden Fall wird man es nicht finden. Also unternimmt man den Versuch, so viele Details wie nur irgendwie möglich zu suchen, zu finden und zu analysieren, in der verzweifelten Hoffnung, so sein Japan zu finden. Unendliche Fragmente, die jedoch auch alle zusammengefügt kein Ganzes geben können. Weil das Japan das wir suchen eben nicht in der Realität suchbar ist, sondern lediglich in der Hyperrealität.

Und eben, desto mehr Details wir finden und analysieren, desto verstörter ist unser Blick auf Japan. Unsere einst begrenzte Wahrnehmung auf Japan wird immer größer und offener, doch das alles bringt eher den gegenteiligen Effekt.

Und zum Schluss halten wir uns eben an dem einzigen ordnenden Element fest: der Selbstähnlichkeit der Systeme. Desto mehr wir merken, dass Japan gar nicht „dort“ ist, sondern vielmehr auch „hier“, desto mehr wir merken, dass die Welt dort drüben die gleiche ist, wie bei uns, desto mehr wir erkennen, dass ich genauso Japaner bin wie Haruki Murakami, desto mehr ordnet sich wieder unser Japan, jedoch nicht mehr als externer Ort, den es zu untersuchen gilt, sondern vielmehr als interner, in uns verfügbarer Ort, der allem was wir kennen in keinster Weise unähnlich ist.

Ja, letztlich ist es nur die Tatsache, dass wir Japan als Selbstähnlichkeit des Systems, dass wir Japan als Deutschland wahrnehmen, die uns überhaupt erst erkennen lässt, dass es „Japan“ gibt.


Japanese Design

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Wie ich in meinem ersten Eintrag schon geschrieben habe, ist Japan für mich auch Ästhetisch. Und um der Frage der japanischen Ästhetik näherzukommen wird mein Eintrag heute in erster Linie bildergewaltig sein. Ich werde aus dem Buch „Japanese Graphics Now!“ vom Taschen-Verlag exemplarisch einige für mich repräsentative Meisterwerke japanischer Grafikkunst herausnehmen und dazu ganz frei meine persönlichen Gedanken dazu niederschreiben. [einen Scanner kann ich leider erst auf Mittwoch auftreiben, so wird der Blogeintrag bis dahin wohl eher uninteressant sein; oder gerade noch interessanter?]

Erstes Bild:
„Laforet Grand Bazar ´96 Spring“
Designer: Butterfly Stroke Inc.

Auf den ersten Blick: Bunt, Computerspiel.
Ein wahrhaftiges Farbengewitter schlägt hierbei auf dein Rezipienten ein. In allen möglichen Regenbogenfarben zieht dieses Bild die Aufmerksamkeit von allem was sich in Sichtweite befindet auf sich. Die Kreisförmig angeordneten „Powerstrahlen“ lenken die Aufmerksamkeit dann weiter auf die… Frau, das Mädchen (?) in der Mitte. Die obere Hälfte muskelbepackt, doch trotzdem noch so weiblich, wie man es sich mit einem derartigen Körperbau hier in Europa nicht hätte vorstellen können, immerhin wird der „Bikini“ einzig und alleine durch die (gigantischen) Brustwarzen der Frau an die Brüste gehaftet.

Die untere, gespiegelte Hälfte hingegen in dem – als typisch japanisch bekannten – Schulmädchenlook: zierlicher Körper, zwei Pferdeschwänze, weißes T-Shirt.

Und über und unter dem gespiegelten Mädchen: in knallbunten Farben die Werbeanpreisung. Meine Aufmerksamkeit hat diese Werbung!

Zweites Bild:
„Tokyo Art Directors Club Annual Exhibition ´99”
Designer: Butterfly Stroke Inc.

Auf den ersten Blick: Sehr minimalistisch, sehr informationsreich.
Zu sehen ist ein Raumschiff. Eine Rakete, wie man sie aus dem Fernsehen kennt. Kein Spaceshuttle, sondern eher solch eine, wie man sie für die erste Begehung des Mondes benutzte. Links daneben sieht man dann noch, was nach dem Start mit der Rakete passiert, wie sie Teile abwirft usw. Noch weiter links davon scheinbar Beschreibungen der einzelnen Teile. Alles nur in Schwarz auf Weiß dargestellt, ohne irgendwelche unnötigen Darstellungen oder Farben.

Doch beginnt man dann, den winzigen Text zu lesen, zeigt sich das Kunstwerk in einem ganz anderen Licht: nicht um eine geplante Mondlandung geht es hier, sondern um eine Einladung zum Tokyo Art Directors Club Annual Exhibition ´99. Und all die Zahlen und Texte stellen zum einen den Programmablauf und zum anderen die Sitzordnung dar!

Für mich stellt dies eine unglaubliche Kreativität dar, welche die Designer in ein Einladungsschreiben gesetzt haben.

Drittes Bild:
„Masaaki Tsuji Glass Art Exhibition“
Designer: Takaaki Fujimoto

Auf den ersten Blick: G-L-A-S-S. Und Schwarz.
Fast alles ist schwarz. Die oberen Dreiviertel des Bildes sind einfach nur schwarz. Dann kommen Linien, viele Linien, die in ihrer Bündelung das Wort „GLASS“ ergeben. Darunter dann die Daten, wo und wann die Glass-Ausstellung stattfindet. Das was man nicht hat möchte man haben. Das was man haben möchte kann man in der Kunst ausdrücken. Was Japaner sicher nicht haben ist Platz. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass eben mit diesem großzügig in der Kunst umgegangen wird. Einfach mal dreiviertel des Plakates in sturem schwarz lassen? Bei uns eher ungewöhnlich, in Japan häufig zu beobachten.

Vielleicht ist es der Platz, der visuelle Freiraum, das Spielen mit leerlassen, was in Japan mehr Aufsehen erregt, als bunte Farben und nackte Frauen.


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