* 14.01.1925 † 25.11.1970.
beauty
„Beauty is now my enemy”
Diese Erkenntnis folgert der stotternde Mönch, nachdem er – schon zigfach durch die Schönheit besiegt – es schafft, ein Mädchen zu verführen, aber vor der Schönheit ihres nackten Körpers erstarrt.
Also muss, um weiterleben zu können, die Schönheit zerstört werden. Der junge Mönch freut sich gar auf die US-Bomber, welche kommen um das Land zu zerstören. „I’ll make headlines“ ist das letzte Statement des Mönchs, bevor er den Tempel niederbrennt.
[Yukio Mishima: Der Tempel der Morgenröte]
art
Um die Schönheit zu besiegen gibt es nur eine Möglichkeit: sie in die Kunst zu bannen und zu konservieren.
[Yukio Mishima: Sonne und Stahl (autobiografischer Essay)]
In den Schwulenclubs der 50er Jahre erfährt Mishima Ablehnung und Kritik an seinem schwächlichen Körper, worauf er das Bodybuilding anfängt. Mishima beginnt damit – und hört bis zu seinem Tode damit auch nicht mehr auf – eine „Feier des Körpers“.
„If you believe in the beauty of the body you must kill yourself before decaying.” (Der Schauspieler Osamu)
„For the first time I feel like I existe.” (Osamu, dem von seiner Geliebten Kyoko die Idee des Liebestodes und die Vollkommenheit seiner Haut unterstrichen wird, indem sie ihn mit einem Rasiermesser schneidet und das Blut schmeckt.)
[Yukio Mishima: Kyokos Haus]
„Als Hosoe den Schriftsteller in seinem Rokokohaus aufsuchte, fand er ihn beim Sonnenbaden. Hosoe platzierte ihn auf einem im Marmorboden eingelegten Kreis mit Sternzeichen und umwickelte ihn mit einem Gartenschlauch, als sei er ganz gefangen in seiner eigenen masochistischen Welt.“
[Mark Holborn über die Zusammenarbeit von Eikoh Hosoe mit Yukio Mishima]
Die fünf Männer singen die Hymne der Schildwache. Diese nannte Mishima selbst die shield society und kürzte sich dementsprechend mit S.S. ab; ungeachtet der problematischen Vergangenheit dieses Kürzels.
Hier stehen wir jungen Krieger,
Hier stehen wir in voller Rüstung.
Yamatos reiner Geist
Ist die Waffe, die wir tragen.
Auf unseren Schwertern aus gehärtetem Stahl
Schimmert das Blau des Himmels.
„Nur der Tod und das Verlangen haben beklemmende, atemberaubende Kraft. Nur die Maßlosigkeit des Verlangens und des Todes ermöglicht, die Wahrheit zu erreichen.“ [George Bataille: Das Unmögliche]
In dem Buch „Runaway Horses / Unter dem Sturmgott“ (1969) von Yukio Mishima, welches Teil der Tetralogie „Das Meer der Fruchtbarkeit“ ist, geht es um einige junge Offiziere, die einen Militärputsch planen, um dem Kaiser die ursprüngliche Macht zurückzugeben.
Hier wird klar, dass die histoire in Mishimas Bücher immer mehr zur Tat (action) wird. Allgemein ist die Verwobenheit von Realität und Fiktion außerordentlich stark.
„
„Our best weapon is purity.“ (Der Protagonist Isao im Film “Patriotismus/Rite of love and death” von Yukio Mishima)
Japan muss gereinigt werden. Deswegen muss der Kaiser wieder an die Macht kommen und deswegen muss Japan von allem kulturell Fremden gereinigt werden. Auch von uns also.
Mishima erhält das seltene Privileg, ein Katana in der Öffentlichkeit zu tragen, da er und seine Privatarmee dafür einstehen, den Kaiser zu schützen.
Ein letzter Schritt ist noch notwendig, um selbst Pur zu werden, um sich endgültig zu inszenieren: der eigene Tod.
harmony of pen and sword
„Der Strom der Tat gibt mir die Tränen, das Blut, den Schweiß, die ich im Strom des Schreibens einfach nicht finden kann. In diesem neue Fluß habe ich Begegnungen von Seele zu Seele, ohne mich um Worte kümmern zu müssen. Er ist auch der zerstörerischste aller Ströme, und ich kann sehr gut verstehen, warum nur wenige Menschen seine Nähe suchen. Dieser Strom kennt keine Großzügigkeit, kennt keine Gnade für den Bauern; er bringt weder Wohlstand noch Frieden, er gewährt keine Rast. Ich möchte nur eines sagen: Als Mann geboren und als Mann lebend, kann ich der Versuchung nicht wiederstehen, diesem Strom zu folgen.“ [Die von Mishima formulierten Ziele im Katalog zur Tobu-Ausstellung]
Mishima und vier Anhänger seine Privatarmee stürmen am 25.11.1970 die östliche Militärbasis Ichigaya. Sie nehmen den Befehlshaber der japanischen Armee Mashita zur Geisel. Mishima hält auf dem Vordach des Gebäudes eine Rede, in der er zur Machtwiederherstellung des Tenno und zur Entkapitalisierung, zur Reinigung Japans aufruft. Seine Rede wird von den herbeigerufenen Pressehubschraubern übertönt.
Dass dieses Vorhaben aussichtslos ist weiß Yukio Mishima. Doch es ist der notwendige letzte Schritt.
Nach seiner Rede begeht Yukio Mishima und sein 24-jähriger Geliebter Masakatsu Morita hara-kiri, den traditionellen Samurai-Selbstmord.
Und dies ist der notwendige letzte Schritt. Hiermit wurde Yukio Mishima zu einem Märtyrer der „ewigen Schönheit“. Ein letzter, ästhetischer Schritt. Er ereichte mit dieses Aktion, was Worte nicht hätten vollbringen können.
„Der Tod zu zweien ist kein Tod mehr, selbst nicht für die Glaublosen“ [„Der Magnolienkaiser“ von Hans Eppendorfer]
Mishima gelang es durch diesen letzten Schritt, selbst zu einer seiner Roman- und Filmfiguren zu werden. Und schloss damit den Kreis aus Fiktion und Wirklichkeit. Er selbst wurde zur Fiktion und all seine Romane und Filme wurden Wirklichkeit.
Und was „ist“ dieser Blogeintrag jetzt?
Ein wilder Cross-Over aus Yukio Mishimas Leben, seinen Büchern, seinem Film, aus Werken welche Mishima inspirierten oder welche von ihm inspiriert werden sowie (am stärksten vertreten) dem neusten Film über ihn: „Mishima. A life in four chapters“ von Paul Schrader
Zusätzliche Quellen:
Magazin Ikonen, Ausgabe Frühjahr 2003, Seiten 4-9
http://de.wikipedia.org/wiki/Mishima_Yukio
Bild 1: http://fabien.osmont.free.fr/mishima/biograph.htm
Bild 2: http://www.leonardschrader.com/film/mishima.shtm
„Wie lange wird diese Welt andauern?“
„Ewig“, sagte der Professor.
[…]
[„]Das Denken kennt keine Zeit. Das ist der Unterschied zwischen Denken und Träumen. Das Denken kann alles im Augenblick erfassen. Es kann auch Ewigkeit erfahren. Es kann einen geschlossenen Kreislauf einrichten und sich darin in Unendlichkeit wiederholen. Anders als ein Traum kann es nicht unterbrochen werden.[“]
„Und an des Endes Anfang
Schwebt fernab von Zeit und Raum
Zwischen Licht und Dunkelheit
Erneut ein allerletzter Traum.
Der die Zeit zum nächsten Ende wiegt,
Die Leere füllt, die Angst besiegt
Und aus verlor'ner Zauberkraft
Sich immer wieder selbst erschafft.“
Nach längerer, kreativer Pause habe ich nun endlich wieder etwas gefunden, über was es sich zu schreiben lohnt. Und dies alles basiert auf einem absolut unjapanischen Wort:
In der Hyperrealität existiert kein Newton’scher Kosmos mehr, vielmehr befinden wir uns in einem fraktalen Kosmos. In der Hyperrealität verliert man jegliche Ganzheit, was dazu führt, dass man versucht, alle Details zu begreifen. Erkennbar ist das zum Beispiel daran, dass wenn die Kamera von einer Detailaufnahme in die Totale wechselt, uns eben dieses Bild noch mehr verstört, statt Ordnung stiftet, wie sie es in der normalen Realität tun würde.
Einzig ein ordnendes Element existiert, und das ist eben nicht der Zusammenhang, sondern die Selbstähnlichkeit der Systeme.
Und eben, desto mehr Details wir finden und analysieren, desto verstörter ist unser Blick auf Japan. Unsere einst begrenzte Wahrnehmung auf Japan wird immer größer und offener, doch das alles bringt eher den gegenteiligen Effekt.
Und zum Schluss halten wir uns eben an dem einzigen ordnenden Element fest: der Selbstähnlichkeit der Systeme. Desto mehr wir merken, dass Japan gar nicht „dort“ ist, sondern vielmehr auch „hier“, desto mehr wir merken, dass die Welt dort drüben die gleiche ist, wie bei uns, desto mehr wir erkennen, dass ich genauso Japaner bin wie Haruki Murakami, desto mehr ordnet sich wieder unser Japan, jedoch nicht mehr als externer Ort, den es zu untersuchen gilt, sondern vielmehr als interner, in uns verfügbarer Ort, der allem was wir kennen in keinster Weise unähnlich ist.
Ja, letztlich ist es nur die Tatsache, dass wir Japan als Selbstähnlichkeit des Systems, dass wir Japan als Deutschland wahrnehmen, die uns überhaupt erst erkennen lässt, dass es „Japan“ gibt.